Warum ich in der heißesten Nacht 2015 trotzdem fror

Habt ihr mal versucht, Frauen die Bettdecke wegzunehmen? Männer bezeichnen Frauen gerne als das schwache Geschlecht, aber das sind sie nicht. Eine eigene Erfahrung.

Es war der Anfang einer großen Liebe. Es war unsere erste Nacht, wir waren gerade zusammengekommen. Was das im Klartext bedeutet, überlasse ich der Phantasie des Lesers.

Es war der heißeste Tag im Jahr 2015. Dennoch wurde mir in der Nacht ohne Decke langsam kalt. Als jetzt ehemaliger Single habe ich nicht bedacht, dass wir jetzt eine zweite Bettdecke brauchen. Ich habe meine neue Freundin auf meiner Seite vom Bett schlafen lassen und hatte nur eine Bettdecke, denn ich brauchte bisher keine zweite. Nun, in der Nacht wurde ich wach, weil mir langsam die Hitze des Tages und vom Grill aus dem Körper gewichen ist. Meine Freundin hatte die eine Decke komplett für sich beansprucht und sich darin eingerollt. Ich lag komplett im Freien.

Jetzt kommen wir zum Kampf um einen kleinen Zipfel der Decke, der verhindert hätte, dass ich in der 25 Grad warmen Nacht den Kältetod sterbe. Ich versuchte, ihr eine Ecke der Decke wegzunehmen. Ohne Erfolg. Also zog ich stärker. Ohne Erfolg. Wie viel Kraft diese kleine Frau selbst im Schlaf noch hat, ist beachtlich!

Aber mit dem Mut der Verzweiflung und dem sicheren Kältetod vor Augen war ich bereit, den epischen Kampf um die Bettdecke nicht aufzugeben. Ich sammelte meine Kräfte und bereitete mich auf einen neuen Angriff vor. Ich startete ihn und… versagte. Keine Chance.

Also fing ich an, mein Schicksal zu akzeptieren und legte mich wieder hin. Doch Moment…Ein Hoffnungsschimmer… Hatte ich nicht noch eine Tagesdecke gewaschen und im Schrank?

Im Dunkeln, denn ich wollte sie nicht wecken, stolperte ich zum Sideboard. Ich tastete und… Ja! Ich fühlte sie. Mein Überleben war gerettet! Ich deckte mich zu und schlief sanft und warm ein und suchte den nächsten Tag gleich die zweite Bettdecke.

Wie viel Weiblichkeit verträgt der Mann?

Ich bin gerne ein Mann. Und ich bin gerne stark. Für mich ist das Ausnutzen von Schwächeren kein Zeichen von Stärke, sondern eher von Schwäche. Mit Stärke meine ich nicht nur physische Stärke, sondern auch psychische.

Im Laufe unser aller Leben erreichen wir Punkte, an dem wir herausgefordert werden. Der eine mehr, der andere weniger. Fakt ist: Die wenigsten werden mit dem Silberlöffel geboren und müssen im Leben nichts aushalten.

Aber das soll kein Plädoyer für Stärke werden. Also beende ich das leichte Abschweifen sofort und komme zum Thema.

Männlichkeit. Das bedeutet letztendlich, dass wir, wenn auch anders als in der Steinzeit, das Essen heranschaffen. Auf unsere Familie aufpassen und schützen. Doch manchmal wird man herausgefordert. Wie ich neulich.

Ich leide an brüchigen Fingernägeln. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein noch so raspelkurz geschnittener Fingernagel bricht. Calciummangel, meint meine Freundin. Also habe ich mehr auf Lebensmittel zu mir genommen, die Calcium enthalten. Was als Diabetiker nicht so einfach ist. Dann habe ich mir in der Drogerie Lebensmittelergänzungen geholt. Alles hat nicht wirklich geholfen.

Jetzt die Herausforderung… Meine Freundin meinte zu mir „Hol dir doch einen Nagellack (Klarlack), der die Fingernägel stärkt. Gesagt, getan. Also gingen wir in die Drogerie. Ich habe ihr gerne den Vortritt gelassen, den richtigen Nagellack auszusuchen. Nebenbei habe ich mich mal umgeschaut. Weit und breit war ich in der Abteilung für Schminke und Nagellack der einzige Kerl. Ich hatte das innere, unbändige Verlangen, den Laden sofort und unbemerkt zu verlassen. Ohne Aufsehen zu erregen. Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, den Laden nach erfolgreicher Flucht nie wieder zu betreten. Doch meine Freundin suchte was aus, und da sie mich immer wieder gerne herausfordert, durfte ich mit den Waren in der Hand auch noch zur Kasse gehen. Immerhin: Sie hat bezahlt. Also keine GSG9 oder KSK, die einen Kauf zurückverfolgen konnten. Keine Männer mit den weißen Jacken werden kommen, die mir eine Jacke anlegen, die beweisst, wie gerne ich mich habe.

Zu Hause angekommen, musste ich mir dann erklären lassen, wie man einen Nagellack aufträgt. Ich sitze Tage später hier und man sieht bei genauem Hinsehen immer noch einen Teil der Hinrichtung meiner Männlichkeit. Dennoch stelle ich fest: Es hilft.

Und trotzdem: Beim nächsten Einkauf des Nagellacks werde ich ihr gerne den Vortritt lassen. Immerhin bedroht meine Männlichkeit weniger, die Frau vorzulassen, als Nagellack zu kaufen.

Und jetzt dürfen die Frauen schimpfen, was ich für ein Chauvi bin. Allerdings denkt daran, milde mit mir umzugehen, denn ich sitze hier mit Nagellack an den Fingern. Und bitte nicht jedes chauvinistische Wort auf die Goldwaage legen, denn ich hatte ein Lächeln beim schreiben und ich hoffe auch, das Augenzwinkern ist zwischen den Zeilen zu erkennen 😉